Pflege und Pflegebedürftigkeit
Die Pflege ist zu einem Thema avanciert, an dem Politik und Gesellschaft nicht mehr vorbeikommen. Änderungen in der Sozialgesetzgebung sollen die Situation der Pflegebedürftigen verbessern.
Als 1995 erstmals eine gesetzliche Pflegeversicherung eingerichtet wurde, konnte noch niemand die wachsenden Anforderungen an staatliche Pflegeeinrichtungen, professionelle Pflegedienste und pflegende Angehörige einschätzen. Themen wie Demenz und Alzheimer spielten in der Sozialgesetzgebung kaum eine Rolle. Rund 20 Jahre später haben die Veränderungen in der alternden Gesellschaft zu einer umfassenden Pflegereform geführt.
Mit dem Inkrafttreten der Pflegestärkungsgesetze, die im Rahmen der Pflegereform beschlossen wurden, haben sich viele Lücken im gesetzlichen Pflegeapparat geschlossen. Anstelle von Pflegestufen gibt es nun Pflegegrade, die körperlich, geistig oder psychisch beeinträchtigten Menschen einen gleichberechtigten Zugang zu dringend benötigten Pflegeleistungen ermöglichen. Die Kurzzeitpflege und die Verhinderungspflege wurden an die neuen Gegebenheiten angepasst. Ziel der Pflegereform war, mehr Menschen qualitativ gute Pflege zu ermöglichen und ihnen die finanzielle Unterstützung zu gewähren, die sie benötigen.
Was ist eigentlich „Pflege“?
Der Begriff „Pflege“ umfasst unterschiedliche Aspekte des pflegerischen Alltags. Darin enthalten sind die Kranken- und Altenpflege, aber auch die sogenannte Pflegebedürftigkeit. Wenn Menschen krank werden, einen Unfall haben oder älter werden, können sie ihren Alltag häufig nicht mehr selbstständig gestalten. Sie sind dann auf externe Hilfe angewiesen, z. B. durch Angehörige oder einen ambulanten Pflegedienst, der sie mehrmals am Tag bei der Bewältigung von Alltagsverrichtungen unterstützt.
Viele Pflegebedürftige werden im Rahmen der sogenannten häuslichen Pflege betreut – in ihrem eigenen Zuhause, bei Verwandten oder in einer Pflege-WG. Andere Betroffene, die nicht zu Hause gepflegt werden können, weil sie z.B. rund um die Uhr betreut werden müssen, benötigen einen Platz in einem Pflegeheim.
Ein wichtiger Begriff in diesem Zusammenhang ist die bereits erwähnte Pflegebedürftigkeit. Um für alle betroffenen Versicherungsnehmer eine gleichberechtigte Regelung zu finden, ist die Definition dieses Begriffes im Sozialgesetzbuch (SGB XI) festgeschrieben. Die wichtigsten Fakten:
- Ein Versicherungsnehmer wird als pflegebedürftig anerkannt, wenn er langfristig, das heißt, länger als sechs Monate, auf pflegerische Versorgung und Betreuung angewiesen ist.
- Sowohl körperliche Erkrankungen als auch kognitive und psychische Beeinträchtigungen können eine Ursache für die Pflegebedürftigkeit sein.
- Durchgeführt werden kann die Pflege, wenn sie in einem häuslichen Umfeld stattfindet, einerseits durch private Pflegepersonen – Angehörige, Freunde und Bekannte – oder einen professionellen Pflegedienst.
Was sind die Pflegestärkungsgesetze?
Um alle Versicherungsnehmer, die unter die Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit fallen, gleichwertig zu behandeln, wurden die sogenannten Pflegestärkungsgesetze verabschiedet. Erstmals wird körperlich, geistig oder psychisch beeinträchtigen Versicherungsnehmern ein gleichberechtigter Zugang zu den Pflegeleistungen der Pflegeversicherung ermöglicht.
Die finanzielle Unterstützung für pflegebedürftige Versicherungsnehmer setzt mit den Pflegestärkungsgesetzen nun früher ein. Damit wächst die Zahl der Versicherten, die Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen oder privaten Pflegeversicherung haben. Auch Menschen, die nur an geringfügigen Beeinträchtigungen leiden, aber körperlich oder geistig eingeschränkt sind, können somit auf Leistungen aus der Pflegeversicherung zugreifen.
Neben den zusätzlichen und leichter zugänglichen Leistungen der Pflegeversicherung sollen durch die Pflegestärkungsgesetze auch die Angehörigen, die oftmals die Pflege übernehmen, stärker entlastet werden. Außerdem haben sowohl pflegende Angehörige als auch die Pflegebedürftigen selbst ein Recht auf Beratung durch die Pflegekassen, um die Leistungen zu erhalten, die optimal auf ihren tatsächlichen Pflegebedarf zugeschnitten sind.
Teil der Pflegestärkungsgesetze ist neben dem fünfstufigen System der Pflegegrade auch ein neues Begutachtungssystem, mit dessen Hilfe sich Pflegegutachter ein Bild von der tatsächlichen Pflegebedürftigkeit eines Versicherungsnehmers machen können.
Das neue Begutachtungssystem
Bezieht man neben den körperlichen Beeinträchtigungen einer pflegebedürftigen Person auch ihre kognitiven und psychischen Defizite in die Begutachtung ein, so wird deutlich, dass die sogenannte „Minutenpflege“ nicht mehr zeitgemäß ist.
Um eine der alten Pflegestufen zu erhalten, wurden noch die Minuten zusammengerechnet, die ein pflegebedürftiger Versicherungsnehmer im täglichen Durchschnitt an Pflege und Betreuung benötigte. Mit der Umstellung auf Pflegegrade gelten neue Kriterien, die die tatsächliche Pflegebedürftigkeit individuell abbilden sollen.
Insgesamt sechs Module werden im „Neuen Begutachtungsassessment“ (NBA) abgefragt:
- Mobilität,
- kognitive und kommunikative Fähigkeiten,
- Verhaltensweisen und psychische Problemlagen,
- Selbstversorgung,
- Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen sowie
- Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte.
Ebenfalls in die Begutachtung einbezogen wird das Modul der außerhäuslichen Aktivitäten und der Haushaltsführung – dieses hat jedoch keinen Einfluss auf die Bewilligung eines bestimmten Pflegegrads.
Unser Team berät Sie gern kostenlos und unverbindlich zum Thema Pflegebedürftigkeit oder auch bei allen anderen Fragen der Pflege
Das Begutachtungsassessment kommt bei jeder Beantragung eines Pflegegrads zum Einsatz:
- Wenn die Pflegeversicherung einen Antrag auf Feststellung der Pflegebedürftigkeit erhält, beauftragt sie den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) oder einen anderen unabhängigen Gutachter mit der Erstellung eines Pflegegutachtens.
- So kann die Pflegeversicherung – unabhängig davon, in welchem Lebensabschnitt die Pflegebedürftigkeit auftritt – eine Individuelle Einschätzung des konkreten Pflegebedarfs vornehmen.
- Auf der Basis des Neuen Begutachtungsassessments erstellt der Gutachter ein Pflegegutachten und gibt eine Einschätzung ab, welcher Pflegegrad für den jeweiligen Versicherungsnehmer passend und richtig ist. Dieses Gutachten dient der Pflegeversicherung als Grundlage für die Bewilligung der Pflegebedürftigkeit und die Zuordnung zu einem der fünf Pflegegrade.
Unsere Pflegeexperten von Dr. Weigl & Partner unterstützen Sie bei Ihrem Antrag auf Einstufung in einen Pflegegrad und helfen Ihnen bei den bürokratischen Angelegenheiten. Auch in anderen Bereichen der Pflege wie dem Widerspruch gegen die Pflegegrad-Einstufung des MDK und dem Stellen des Verschlechterungsantrags sind wir gerne an Ihrer Seite.
Unsere erste telefonische Beratung ist kostenfrei. Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme!