Pflegegeld bei Pflegegrad 1
Das Pflegegeld ist eine wichtige finanzielle Unterstützung für Pflegebedürftige und ihre pflegenden Angehörigen. In Pflegegrad 1 wird zwar noch kein „echtes“ Pflegegeld gewährt, jedoch können andere Leistungen der Pflegekasse in Anspruch genommen werden.
Aufgrund der Überalterung der Gesellschaft wird die Pflege auch in Deutschland ein immer wichtigeres Thema. Im Zuge der letzten Pflegereform, die 2017 in Kraft getreten ist, wurde es auch Menschen mit einem geringeren Pflegebedarf möglich, Leistungen der Pflegeversicherung und damit eine wichtige finanzielle Unterstützung zu erhalten. Pflegegrad 1 wurde in diesem Verfahren überhaupt erst geschaffen – er hilft Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen, finanzielle Zuschüsse für die Pflege zu erhalten.
Ein richtiges Pflegegeld bei Pflegegrad 1 ist von staatlicher Seite jedoch nicht vorgesehen. Somit ist Pflegegrad 1 im Vergleich mit den anderen Pflegegraden nicht als vollwertige Unterstützung anzusehen, jedoch können durch ihn auch Pflegebedürftige mit einem geringen Bedarf an Unterstützung im Alltag finanzielle Hilfen und weitere Vorteile des Pflegegrads wahrnehmen.
Pflegegeld und Pflegeleistungen bei Pflegegrad 1
Pflegegrad 1 ist der kleinste der Pflegegrade und umfasst aus diesem Grund auch das geringste Leistungsspektrum. Dennoch ist es für Menschen mit einem vergleichsweise geringen Pflegebedarf erst seit der Einführung von Pflegegrad 1 möglich, überhaupt Leistungen der Pflegekasse in Anspruch zu nehmen.
Denn die Erteilung eines Pflegegrads bedeutet, dass die Pflegebedürftigkeit grundsätzlich von der Pflegeversicherung anerkannt worden ist. In eingeschränktem Maße erhalten Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1 daher seit 2017 Zugang zu verschiedenen Leistungen und Beratungsangeboten der Pflegekasse.
Ein Pflegegeld bei Pflegegrad 1 gibt es jedoch nicht, jedenfalls nicht im klassischen Sinne. Denn beim Pflegegeld handelt es sich um einen monatlichen finanziellen Zuschuss, der dann in Anspruch genommen werden kann, wenn sich Angehörige um die Pflege und Versorgung des pflegebedürftigen Familienmitglieds kümmern – nicht jedoch ein professioneller Pflegedienst. Weil der Pflegebedarf bei Pflegegrad 1 in der Regel jedoch nur sehr gering ist, entfällt das Pflegegeld in diesem Fall.
Andere Leistungen der Pflegekasse aber können auch bei Pflegegrad 1 in Anspruch genommen werden. Dazu gehören
- Betreuungs- und Entlastungsleistungen (monatlich 125 EUR)
- Beitrag zur stationären Pflege (monatlich 125 EUR)
- zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel (monatlich 40 EUR)
- Leistung in ambulanten Wohngruppen (monatlich 125 EUR)
- Wohngruppenzuschlag für ambulante WGs
- Anschubfinanzierung für Wohngruppen
- wohnumfeldverbessernde Maßnahmen (max. 4.000 EUR pro Maßnahme)
- Pflegeberatung
- Beratungsgutschein
- Pflegekurse für Angehörige
Voraussetzungen für Pflegegrad 1 und Pflegegeld
Obwohl Pflegegrad 1 im Vergleich zu den höheren Pflegegraden für relativ viele, geringfügig hilfsbedürftige Versicherungsnehmer erreichbar ist, müssen doch bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, um diesen Pflegegrad und die damit verbundenen Pflegeleistungen zu erhalten. Aus Sicht der Pflegekasse fallen Pflegebedürftige in den Bereich von Pflegegrad 1, die körperlich und geistig noch recht agil und beweglich sind, aber in geringem Maße auf Unterstützung angewiesen sind.
Damit eine „geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit“ festgestellt werden kann, müssen Pflegebedürftige zunächst einen Antrag bei ihrer zuständigen Pflegeversicherung stellen. Dieser lautet jedoch nicht auf Pflegegrad 1, sondern allgemein auf Pflegebedürftigkeit bzw. einen Pflegegrad. Die wichtigste Voraussetzung für Pflegegeld bei Pflegegrad 1 ist nämlich, dass zunächst einmal die Pflegebedürftigkeit als solche von der Pflegeversicherung anerkannt wird.
Damit die Pflegeversicherung eine Einschätzung über die Pflegebedürftigkeit eines Antragstellers vornehmen kann, muss ein Pflegegutachten erstellt werden. Dieses wird vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen (für gesetzlich Versicherte) bzw. von MEDICPROOF (für privat Versicherte) durchgeführt. Bestätigt der Pflegegutachter anschließend eine Mindestzahl von 12,5 Punkten im Pflegegutachten, bewilligt die Pflegeversicherung Pflegegrad 1 sowie die damit verbundenen Leistungen.
Wie beantragt man Pflegegeld bzw. Pflegegrad 1?
Um Pflegegrad 1 und Pflegegeld bzw. die dem niedrigsten Pflegegrad entsprechenden Leistungen zu erhalten, müssen Pflegebedürftige sich selbstständig bei ihrer Pflegeversicherung melden und ihre Pflegebedürftigkeit anzeigen. Damit die Pflegebedürftigkeit von der Pflegeversicherung geprüft wird, stellt der Pflegebedürftige allein oder unter Mitwirkung eines Angehörigen einen Antrag auf einen Pflegegrad.
Ist der Antrag bei der Pflegeversicherung eingegangen, leitet diese ein Prüfverfahren ein, das als „Neues Begutachtungsassessment“ (NBA) bezeichnet wird. Durchgeführt wird dieses von Pflegegutachtern, die nicht bei der Pflegeversicherung angestellt sind, sondern für ein unabhängiges Unternehmen tätig sind. Das Begutachtungsassessment folgt einem gesetzlich festgelegten Fragenkatalog, mit dessen Hilfe sich der Gutachter ein umfassendes Bild der Pflegesituation des Pflegebedürftigen machen kann.
Weil Pflegebedürftigkeit viele Gesichter haben kann, ist der Fragenkatalog für die Gutachtenerstellung in verschiedene Kategorien unterteilt. Insgesamt werden dabei sechs Bereiche betrachtet, die sowohl die körperliche Verfassung des Pflegebedürftigen als auch seine kognitive Leistungsfähigkeit mit einbeziehen. Folgende sechs Kategorien werden dabei tiefergehend untersucht:
- Mobilität: Kann der Pflegebedürftige sich selbstständig in der Wohnung und außerhalb bewegen? Ist er in der Lage, Treppen zu steigen? Kann er selbstständig zur Toilette und zurück gelangen?
- Kognitive und kommunikative Fähigkeiten: Findet sich der Pflegebedürftige in seinem vertrauten Umfeld zurecht? Kann er sich zeitlich und räumlich orientieren? Ist er in der Lage, selbstständig Entscheidungen zu treffen?
- Verhaltensweisen und psychische Problemlagen: Gibt es auffällige Verhaltensweisen? Ist der Pflegebedürftige nachts unruhig, erkennt er seine Angehörigen nicht oder zeigt er aggressive Reaktionen? Sind motorische Verhaltensauffälligkeiten erkennbar?
- Selbstversorgung: Kann der Pflegebedürftige sich selbst an- und auskleiden? Kann er eigenständig die Körperpflege durchführen oder benötigt er in Teilbereichen Hilfe oder Anleitung? Ist er in der Lage, Speisen und Getränke zuzubereiten?
- Bewältigung und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen: Kann der Pflegebedürftige eigenständig Arzttermine wahrnehmen? Ist er in der Lage, verschriebene Medikamente weisungsgemäß einzunehmen?
- Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte: Kann der Pflegebedürftige sich über einen längeren Zeitraum selbst beschäftigen? Geht er Hobbys nach oder trifft er Freunde und Familienmitglieder? Pflegt er seine sozialen Kontakte?
Mithilfe dieser sechs Bereiche kann der Pflegegutachter sich ein recht genaues Bild der Pflegesituation machen. Auch der persönliche Eindruck, den er von dem Pflegebedürftigen gewinnt, beeinflusst die Beurteilung. Erreicht werden müssen dabei mindestens 12,5 Punkte, um eine Anerkennung der Pflegebedürftigkeit und einen Pflegegrad zu erhalten. Liegt das Ergebnis zwischen 12,5 und 27 Punkten, bewilligt die Pflegeversicherung Pflegegrad 1 und die zugehörigen Pflegeleistungen.
Wie kann man seine Chancen erhöhen, Pflegegrad 1 und Pflegegeld zu erhalten?
Um Pflegegrad 1 und Pflegegeld bzw. die Leistungen, die dieser Pflegegrad vorsieht, zu erhalten, muss der Pflegegutachter den Eindruck gewinnen, dass trotz einer nur geringen Beeinträchtigung der Selbstständigkeit dennoch ein Pflegebedarf vorliegt. Eine gute Vorbereitung ist deshalb für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen von größter Wichtigkeit: Wer sich bereits im Vorfeld mit den Voraussetzungen für einen Pflegegrad beschäftigt hat und das Leistungsspektrum der Pflegekasse kennt, der verbessert seine Chancen, Pflegegrad 1 und Pflegegeld zu erhalten.
Zur Vorbereitung auf den Gutachtertermin können Pflegebedürftige selbst den Fragenkatalog des Begutachtungsassessments durchgehen und die Fragen beantworten. Oftmals fallen Angehörigen dabei auch Aspekte der Pflege auf, die zuvor noch gar nicht bedacht worden sind. Geht der Gutachter während des Begutachtungsgesprächs beispielsweise nicht auf alle Punkte der Pflegesituation ein, können Angehörige gezielte Fragen stellen oder auf Pflegeaspekte hinweisen, die andernfalls ggfs. nicht berücksichtigt werden und vielleicht zu einer Ablehnung des Pflegegradantrags führen könnten.
Wichtig für ein realitätsgetreues Pflegegutachten ist auch, dass während der Begutachtung nicht nur der Pflegebedürftige, sondern auch ein Angehöriger oder ein Pflegeexperte anwesend ist. Vor allem bei kognitiven Einschränkungen der Selbstständigkeit können Angehörige oder Pflegepersonen oft genauere Angaben über die Pflegesituation machen als der Pflegebedürftige selbst.
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Außerdem tendieren Pflegebedürftige dazu, den tatsächlichen Pflegebedarf herunterzuspielen – weil sie sich dafür schämen, auf Hilfe angewiesen zu sein, versuchen sie einen möglichst gesunden und guten Eindruck zu hinterlassen. Für das Erreichen eines Pflegegrades ist dies jedoch kontraproduktiv. Hier hilft die Auskunft von Angehörigen oder Pflegeberatern dem Gutachter, die tatsächliche Pflegesituation zu verstehen und richtig einzuschätzen.
Unsere Pflegeexperten von Dr. Weigl & Partner unterstützen Sie bei Ihrem Antrag auf Pflegegradeinstufung. Wir helfen Ihnen bei den bürokratischen Angelegenheiten und allen weiteren Fragen zur Pflege. Falls Sie dem Gutachten des MDK widersprechen oder Ihren Pflegegrad höherstufen lassen wollen, helfen wir Ihnen auch gerne in diesen Prozessen.
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